Rechtsprechung

Hinweis: Die nachstehende Rechtsprechung soll dem Leser als erste Orientierung dienen, kann aber aufgrund ihrer nur kurz gehaltenen Wiedergabe keine Beratung im Einzelfall ersetzen:

I. Bau- und Architektenrecht

1. Muß dem säumigen Unternehmer stets eine Nachfrist gesetzt werden?

Nach OLG Düsseldorf, Urteil vom 9.5.2008 (IBR 2009,261), ist das ausnahmsweise dann nicht nötig, wenn von vornherein feststeht, daß der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhält und die Vertragsverletzung erheblich ist. Der Vertrag kann dann ohne Nachfristsetzung und Kündigungsandrohung fristlos gekündigt werden. Aber Vorsicht: Im Zweifelsfall sollte stets eine angemessene Nachfrist gesetzt werden, damit sich der Bauherr nicht selbst schadensersatzpflichtig macht.

2. Entfalten unterzeichnete Stundenzettel eine Anerkenntniswirkung?

Mit der Unterschrift wird bestätigt, daß die dort aufgeführten Stunden tatsächlich geleistet worden sind. Trotzdem kann der Bauherr auch im nachhinein noch einwenden, daß die aufgewendeten Stundenzahl unangemessen hoch war, das Unternehmen also zu langsam gearbeitet und damit seine Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung verletzt hat. Die Beweislast liegt allerdings bei ihm (OLG Köln, Urteil vom 16.9.2008, IBR 2009, 314).

3. Ist ein Rechnungsausgleich automatisch als Anerkenntnis zu werten?

Nein. Nach Auffassung des BGH in seinem Urteil vom 11.11.2008 (IBR 2009, 65) ist der vorbehaltlose Rechnungsausgleich grundsätzlich nur eine Erfüllungshandlung, ohne daß damit die stillschweigende Aussage einhergeht, der Bestand der erfüllten Forderung sei außer Streit gestellt. Einen solchen stillschweigenden Erklärungswert kann der Rechnungsausgleich danach vielmehr nur haben, wenn konkrete Umstände festgestellt werden, die das Interesse des Zahlenden nahelegen, das zugrundeliegende Schuldverhältnis einen Streit zu entziehen, z.B. wenn der Schuldner damit eine im Raum stehende Zahlungsklage abwenden will.

4. Führt die Ingebrauchnahme zum Verjährungsbeginn der Schlussrechnungsforderung?

Nicht unbedingt. Die Verjährung der Schlussrechnungsforderung des Unternehmers beginnt erst mit der Abnahme des von ihm hergestellten Gewerks bzw. Hauses. Die Abnahme setzt aber voraus, daß der Bauherr das Gewerk/Haus als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptiert hat. Hat er aber wesentliche Mängel gerügt, begründet auch der Einzug in das Haus bzw. die Ingebrauchnahme keine konkludente Abnahme (BGH, Beschluss vom 23.10.2008, IBR 2009, 133). Solange der Unternehmer noch ein Nachbesserungsrecht hat, kann die Verjährungsfrist für seine Schlussrechnungsforderung nicht beginnen.

5. Welche Folgen hat die Nichteinzahlung eines Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto?

Nach § 17 Abs. 6 Nr. 3 VOB/B ist der Sicherheitseinbehalt vom Auftraggeber grundsätzlich sofort an den Auftragnehmer zurückzuzahlen, wenn er diesen trotz Fristsetzung nicht auf ein Sperrkonto einzahlt. Diese Verpflichtung besteht aber dann nicht, wenn der Auftraggeber wegen noch vorhandener Mängel am Bauvorhaben ein Zurückbehaltungsrecht ausübt (OLG Düsseldorf, IBR 2009, 518). Dann soll der Auftraggeber nicht schlechter stehen als ein Bauherr, der keinen Sicherheitseinbehalt vereinbart hat und gemäß § 641 Abs. 3 BGB in der Regel das Doppelte des Werklohnanteils der für die Beseitigung der Kosten des Mangels erforderlich ist, verweigern darf.

6. Löst das Überschreiten eines Kostenvoranschlags Schadensersatz aus?

Der Kostenvoranschlag soll dem Bauherrn in der Regel eine unverbindliche Berechnung der voraussichtlichen Kosten seines Bauvorhabens darbieten. Wenn der Unternehmer bei Ausführung seiner Arbeiten feststellt, daß es zu einer nicht unwesentlichen Überschreitung der Anschlagskosten kommen wird, ist er nach § 650 Abs. 2 BGB verpflichtet, den Bauherrn davon unverzüglich zu unterrichten, um diesem die Möglichkeit zu geben, von der weiteren Ausführung Abstand zu nehmen oder gegebenenfalls auch, um im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten umzuplanen. Wenn der Unternehmer diese Verpflichtung verletzt, kann er sich gegenüber dem Bauherrn schadensersatzpflichtig machen. In einem Urteil des OLG Naumburg vom 26.05.2009 (IBR 2011, 6) hat das Gericht zwar grundsätzlich den Mehrvergütungsanspruch des Unrernehmers anerkannt. Aber es hat zugleich ausgesprochen, daß der Bauherr seinen Schaden aus der Überschreitung des Voranschlags entgegensetzen kann. Bei der Berechnung der Schadenshöhe hat der Bauherr eine Überschreitung des Voranschlags in Höhe von mindestens 10 % hinzunehmen. Die weiteren, über das Ursprungsangebot hinausgehenden Mehrkosten können grundsätzlich aufrechenbaren Schadensersatz darstellen. Wenn der Bauherr allerdings davon ausgehen muß, daß wegen einer gegenüber dem Ursprungsangebot geänderten Ausführung Mehrkosten unvermeidbar sind, ist er aber verpflichtet, selbst auf eine Aufklärung der finanziellen Auswirkungen hinzuwirken. Tut er das nicht, muß er sich ein Mitverschulden an seinem Schaden in Höhe von 50 % anrechnen lassen.

7. Darf der Bauherr dem Unternehmer vorschreiben, wie die Nachbesserung zu erfolgen hat?

Es kommt darauf an. Grundsätzlich hat der Unternehmer das Recht, eigenverantwortlich zu bestimmen, welchen Weg der Nachbesserung er geht, wenn er am Ende jedenfalls ein fachgerechtes Gewerk abliefert. In solchen Fällen darf der Bauherr keine Weisungen erteilen. Steht aber von Anfang an fest, daß eine ordnungsgemäße Nachbesserung nur auf eine ganz bestimmt Weise möglich ist, ist der Unternehmer verpflichtet, ausschließlich diesen Weg zu beschreiten. Ist der Unternehmer dazu nicht bereit, kann der Bauherr ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (BGH, Urteil vom 05.05.2011 – VII ZR 28/10, IBR 2011, 398).

8. Sind Aufrechnungsverbote in einem Werkvertrag zulässig?

In vielen Architektenverträgen und sonstigen Bau-Werkverträgen findet sich die AGB-mäßige Klausel: „Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig“. Danach wäre es dem Bauherrn verwehrt, in allen anderen Fällen direkt mit seinen mangelbedingten Schadensersatzansprüchen aufzurechnen, und er wäre gezwungen, den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers trotz der festgestellten Mängel oder der unfertigen Leistung zunächst vollständig auszugleichen. Diesem unbilligen Ergebnis hat der BGH nun mit Urteil vom 07.04.2011 – VII ZR 209/07, IBR 2011, 340) einen Riegel vorgeschoben. Der Bauherr sei dadurch unangemessen benachteiligt. Durch das Klauselverbot käme es zu einer Auflösung der synallagmatischen Verbundenheit der gegenseitigen Forderungen, was nicht hinzunehmen sei. Die Entscheidung betrifft zwar einen Architektenvertrag. Gleichwohl ist die Argumentation des BGH übertragbar auch auf sonstige Werkverträge. Dem Bauherrn ist damit ein wichtiges Verteidigungsinstrument gegen in ihrer Höhe unberechtigte Forderungen des Auftragnehmers (zurück-)gegeben worden.